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Bekenntnisse eines Spielverderbers(1998)

12 Jahre ist es jetzt her, seitdem ich im zarten Alter von 37 Jahren den Tennis - gegen den Tischtennisschläger vertauscht habe. (Siehe "Erfahrungen eines Umsteigers"!) Das hat immerhin bewirkt, daß mein Handgelenk immer noch einsatzfähig ist, obwohl ich zwischenzeitlich einen geordneten Punktspielbetrieb aufgenommen habe. Ursprünglich wollte ich mir den Streß ja nicht schon wieder antun, aber die Mannschaften mußten aufgefüllt werden. Außerdem brauchen auch Sportkanonen ab und an Futter!
Am Anfang stand ein für alle offenes Turnier im Dreifach - KO - System, das mir drei rasche Spiele ermöglichte. Ich kann mich nur noch erinnern, daß eine hoffnungsgeschwängerte Sprössin der weithin im Tischtenniskreis (mit Ausnahme zweier Nachbarorte!) gefürchteten weiblichen Vereinsjugend dem Spiel gegen mich verzweifelt nach einem Blatt Papier suchte, um sich ihren klaren Sieg zu notieren. ("Tischtennisspieler als Statistikneurotiker" wär ohnehin ein ergiebiges Thema für eine Doktorarbeit!) Sie fand auf die Schnelle nur ein fast ungebrauchtes Tempotaschentuch. Ich nehme an, das hat sie zuhause dann abgeheftet. Bald folgten die Vereinsmeisterschaften. Von den ca. 11 erwachsenen männlichen Mitgliedern bildeten mit mir 6 weitere, ergänztvon 3 der ca. 50 männlichen Jugendlichen das Teilnehmerfeld. Diesmal spielte jeder gegen jeden. Ich verlor alles, erhielt für den "10.Sieger" einen gelben Zettel als Urkunde und fand mich erstmalig in der Vereinszeitung - in der Sparte Tischtennis als letzter mit 0:9 Spielen und 1:18 Sätzen. So eine gute Plazierung sollte ich bis zum heutigen Tag nicht
mehr erreichen! Immerhin gelang es mir, der Nummer 28 der Jungenrangliste einen Satz abzunehmen, was mir in der folgenden Saison eine Nominierung als Ersatzspieler der neugegründeten zweiten Mannschaft einbrachte. Die drei Punktspiele, in denen ich daraufhin zum Einsatz kam, waren für mich,den tischtennistaktisch und -technisch Einäugigen, schon wesentlich interessanter: War ich mir früher als GOGGO im Rennen gegen MASTURBATIS vorgekommen, rang ich jetzt in zähem Kampf gegen meinesgleichen um jeden Zentimeter, kopfschüttelnd und ungeduldig begleitet vom Rest des mit den Hufen scharrenden Teams. Dreimal dürfen Sie raten, wer im letzten Spiel den entscheidenden Punkt zum Aufstieg geholt hat...? Ich war der König für einen Tag und durfte die Mannschaft auch flüssigkeit(un)mäßig auffüllen. Leider war das das vorläufige AUS für mich, denn er Aufstieg lockte neue Spieler und Jugendliche an und mir blieben gerademal meine drei Stammgegner.
Immerhin hatte ich auch da ein Highlight zu verzeichnen! Ich nahm als Jüngstvierziger erstmals an den Kreismeisterschaften der Senioren teil - als Urkundenschreiber! Einer inneren Eingebung folgend hatte ich allerdings meine Sporttasche mitgenommen, und prompt fehlte ein Spieler für ein komplettes Feld. Als ein bei so guten und miteinander eingespielten Cracks total Unbekannter wurde ich in meinem ersten Gruppenspiel total falsch eingeschätzt. Mit 21:19, 8:21 und 22:20 war der Sieg der meine und ich eine Runde weiter! Daran konnte auch die klaren Schlappen im Folgespiel und in der Zwischenrunde nichts mehr ändern! Da ich zudem wegen der Urkundenschreiberei bis zum Schluß ausharren mußte, blieb meinem unverblendeten Auge ein Phänomen nicht verborgen, das gerade in Seniorenkreisen anzutreffen ist - quasi als Triumph des Geistes über den Körper: Ohne ist nicht mehr erlaubt und mit einem normalen kommt keine Stimmung auf , also greift man zum besonderen Gummi - mit LANGEN AUSSENNOPPEN! Damit kann man den dynamisch offensiven Partner mit sparsamen Bewegungen offenbar zum Äußersten reizen! Also nix wie ran an solche Dinger! Ein halbes Jahr lang kämpfte ich verbissen gegen meine eigene Waffe um die Sehkraft meines sportlichen Zyklopenauges, bis ich schließlich merkte, daß es mir sogar auf die Größe eines Tischtennisballs angewachsen war! Es muß besonders fürchterlich aussehen, wenn im Zustand höchster Entschlossenheit nur noch das Weiße darin zu sehen ist und schlimmstenfalls drei Sterne herausblitzen, aber seitdem und womöglich gerade deswegen gewinne ich immer mehr Matches!

Das erste Opfer war einer unserer schlagtechnisch perfekt normierten Jugendlichen, der sich beim Erwachsenen - Training unvorsichtigerweise zu lange untätig in meinem Einzugsbereich aufgehalten hatte. Das Selbstwertgefühl der in Vor-, Zwischen -, End- Kreis-, Bezirks- und Sonstwie-Ranglisten auf Sieg programmierten Begabung tat ihr übriges: Unter reger Anteilnahme der vergeblich Trost zu spenden versuchenden Betreuer war in der Mitte des ersten Satzes urplötzlich Schluß mit "Lustig"! Die Ballwechsel dauerten von nun an entweder überhaupt nicht oder bis ungefähr 25:24 und mauserten sich zur reinen Nervensache. Dazu kam die Verblüffung über einen speziell von mir entwickelten absolut sicheren und tödlichen Schmetterschlag ("überkopf" wie aus dem Tennislehrbuch von Obelix Braasch - Bahrami) mit den langen Noppen auf alles, was mindestens noch 50 cm hochspringt und ein aufmunterndes kräftiges "Jaaaaa! - Tschuldigung!" von ganz unten herauf, wenn mein Gegenüber wieder eine seiner zahlreichen Vorhände über die Platte hinweggesemmelt , oder meine inzwischen von mir selbst beargwöhnten mentalen Fähigkeiten das Zelluloid messerscharf mit einem "Tut mir leid, da muß er hin!"auf Tisch- oder Netzkante gezirkelt hatte. Der Weg wurde zum Ziel , der Ausgang schnell zur Nebensache: " .. müßte verboten werden .." , " ...doch nicht gegen DEN... ", konnte ich aufschnappen, wobei ich bis heute nicht weiß, ob das mir, dem Schläger oder beiden galt. Zwar konnten die im weiten Umkreis (bis auf zwei Nachbarorte!) gefürchteten Betreuer ihre Zöglinge zusehends besser auf mich einstellen, doch durch den Erwerb eines zweiten Noppenschlägers mit umgekehrter Farbfolge sorgte ich für erneute Verunsicherung. Immer wieder welkte eine der Blüten des Vereins in der schmucklosen Vase des Underdogs! Leistung ohne Punkte ist ungewöhnlich in einem Sportverein, der in jedem Jahr aufs neue TT - Kreisdalmatiner werden, d.h.die meisten Punkte nach einer ausgeklügelten typischen TT-Statistik erringen möchte. Und ich machte sogar Punkte "ohne Leistung"! Wir sind hier doch nicht in der Schule! Jedenfalls verschaffte mir auch das keine Gummipunkte.
Die Förderungswilligkeit des Vereins verhalf mir dann doch noch zum Einsatz in einer Mannschaft - sogar als Mannschaftsführer! Einige Jugendliche brauchten einen Fahrer und Bürokraten für ein drittes Herrenteam in der zweiten Kreisklasse, und außerdem konnten meine stetig anwachsenden Destruktivkräfte prima gegen unbedarfte Mannschaftsgegner eingesetzt werden. Das mit dem Büro bedurfte einer gewissen Einarbeitung, doch nach relativ kurzer Zeit konnte ich den Partnertausch nach dem Paarkreuzsystem mit und ohne Modifikation durchblicken (Zu was hat man denn seine Lebenserfahrung?), und sogar dem Schweißling - System gegenüber hätte ich keine Berührungsängste gehabt. Die schwierigste Aufgabe für mich bestand darin, den jeweiligen Spielort im Dunkel der Winterabende herauszufinden Auf dem Land sind dann Turnhallen und Boxenlaufställe nicht so leicht auseinanderzuhalten. (Apropos Boxenlaufstall: In dieser ländlichen Gegend soll auch mitunter aufgeschäumtes Bullensperma zum Schlägertuning verwendet werden - wegen der längeren Kontaktzeiten! Das befindet sich noch auf keinerVerbotsliste und fällt vor dem Duschen kaum auf. ) Obwohl unsere Heimspiele mittwochs angesetzt werden, gibt es wegen der richtigen Champions-League nie Probleme. Hier ist es viel spannender, geht es doch um die Ehre und nicht nur um Geld. Außerdem kann man hier nicht mitten in der Serie den Verein wechseln!
Einmal im Amt, immer im Amt! Diese Vereinsweisheit schuf mir eine gewisse Position, der ich nach zusätzlicher Übernahme der Kassenführung sogar die Andeutung eines Mitspracherechts entringen konnte, das ich sogar zu einem Konzept ausbaute. Wobei eins wohl klar ist: Ein Funktionär mit Konzept ist genauso suspekt wie ein Tischtennisspieler mit langen Noppen! Die erste Neuerung war eine klammheimliche Ausweitung der Mannschaftsstatistik ( ,die mich im übrigen momentan als Mannschaftsdalmatiner ausweist). Es fing an aufzufallen, als ich mich gegen die drohende Auflösung der dritten Mannschaft mitten in der Saison wehrte. RESERVE HAT RUH - zu bewahren! Folglich hab ich nichts gesagt, sondern einen halboffenen Brief geschrieben. Das war ungewöhnlich genug, um einfache Umstrukturierungen anzuregen, die letztlich dazu führten, daß die dritte Mannschaft erhalten blieb und mit 30:2 Punkten Meister wurde. Doch von Ruhe keine Spur! Mit dem Aufstieg kam wieder diese NEUE ATTRAKTIVITÄT für andere Spieler. Ich nehme an, Sie verdrängen, was ich meine? Ihren Ansprüchen auf einen Stammplatz an der Spitze setzte ich das Konzept ERSATZ VON OBEN entgegen. Wieder ein Aufschrei der Befremdung! Im Endeffekt dürfen mit Ausnahme eines vorzeitig Resignierenden letztlich doch noch alle die sauren Früchte ihres Aufstiegs selbst genießen. Neulich gabs im siebten Spiel sogar das erste Unentschieden! Es kullert sich also ...
Persönlich werde ich demnächst Abschied nehmen - von meinen neuesten langen Noppen. Denen muß wohl ein Zufallsgenerator eingebaut worden sein? Ich werde mich doch nicht mit meinen eigenen Noppen foppen? Außerdem wird diese Sorte im nächsten Jahr verboten. Doch neue Lösungen werden nicht ausbleiben. Man munkelt, daß im männlichen Seniorenbereich demnächst hellblaue Gummis erlaubt sein werden. Wegen dem erhöhten Stehvermögen, besonders bei langen Noppen! Das werde ich brauchen, stehen doch neuerdings beim Training ab und an Jugendliche auf der Matte und wollen gegen mich spielen..

Alle Rechte vorbehalten: Johann Kowalczik

Auf die Beläge kommt es eben an: "Allround", "offensiv dynamisch" oder "kontrolliert defensiv"      (Zeichnungen: Johann Kowalczik)

 

Weitere Erkenntnisse:

Erfahrungen eines Umsteigers (1988)

6 Gründe, Tischtennis zu spielen – und das auch noch in einer Mannschaft! (2005)

Hans im Glück oder Wie man Scheiße als Dünger erkennt. (2012)

Vom Abseits im Tischtennis (2020 ff.)

Es gibt mir sehr gut bekannte ehemalige Jugendtrainer, die diesen Artikel höchstwahrscheinlich als böse Satire empfinden, obwohl er nicht nur für ihren Sportbereich , sondern für alle Lebensbereiche zutrifft.

 

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