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Die NATTERNBUSCHER ÄNDERUNGSDENKEREI
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Die Märchenerzählertrilogie



Das Märchen vom Märchenerzähler, dessen Märchen keiner hören wollte.
Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit, als die Leute ganz wild nach Märchen waren, ein Märchenerzähler, der schon in frühester Jugend nicht zuletzt auch als Messdiener viele Märchen gehört hatte - und zwar so intensiv vorgetragen, dass er gern und oft darüber ans konzentrierte Denken gebracht wurde und sie deshalb mitunter sogar auch glaubte. Die Jahre gingen ins Land, und er hatte längst - was Wunder!? - eine große Kunstfertigkeit darin erlangt, sich selbst seinen Mitmenschen in märchenhafter Weise mitzuteilen. Der Märchenerzähler wurde aber kein gewöhnlicher Märchenerzähler, denn die Märchen, von denen er viele zu erzählen hatte, waren nicht etwa die alten Märchen von längst verstorbenen Leuten aus längst vergangenen Zeiten, die jeder kannte und bei denen man nicht mehr so genau zuhören brauchte, sondern es waren irgendwie sonderbare Märchen ohne ein richtiges Ende. Und wenn es schon mal ein Ende gab, war es eher happig als happy. Das tätowierte schnell Dackelfalten auf die Stirnen der gemeinen Märchenkonsumenten, unter denen man sich nicht ganz sicher war, ob der Märchenerzähler die Märchen nicht vielleicht sogar selbst erlebt haben könnte. Besonders bei denjenigen, die in seinem unmittelbaren Umfeld ihr gutbürgerliches Dasein tristeten, kam das nicht wirklich gut an. Dieser Umstand überraschte den Märchenerzähler nicht sonderlich, wenngleich er sich dann doch etwas wunderte, dass es deren so viele wurden.
So trug es sich zu, dass er zwar vom um Nachwuchs bemühten örtlichen Märchenverein zu dessen Jubiläum eingeladen wurde, sich aber dabei als Programmpunkt unmittelbar nach den ausgiebigen Festreden des Bürgermeisters und des Vorsitzenden wiederfand, und somit die Erfahrung machen durfte, dass man Hungrige und Dürstende keine 2 Minuten mit Märchen hinhalten kann - nicht einmal mit Märchen über gesunde Ernährung auf Grillfesten und todsichere Mittel gegen Alkohol- und Fettmissbrauch. Selbst die ungemein aufgeschlossenen Mitglieder des weithin berühmten "Vereins für gegenstandsfreie Märchen und konkretes Lesen" konnten sich nicht mit seinem grandiosen Einfall anfreunden, ein Telefonbuch - natürlich von Ziffern und Zahlen befreit - im typisch altdeutschen Märchentonfall zu rezitieren, weil es ihnen immer noch zu märchenhaft dekorativ klang. "Was tun?", frug sich der Märchenerzähler, dessen Oberstübchen ob der stetig neu hinzu kommenden Märchen zu bersten drohte.

Er suchte fortan Anschluss bei den Nischennistern in der weiteren Umgebung, die den Anspruch haben, sensibler, intellektueller und vor allem anders zu sein. Er verzichtete dafür ganz auf Worte und summte nur noch märchenhafte Sequenzen, zu denen sich das Auditorium eigene Märchen ausdenken sollte. Das fand die Zielgruppe zwar ganz anregend und unterhaltend, doch störte sie sich daran, dass sich der Märchenerzähler nicht zu dem exquisiten esoterischen Dressing bekannte, ohne den sie geistige Nahrung zu verweigern pflegen. Als er auch noch seine speziellen Märchenerzählmethoden in VHS- Kursen zum Nulltarif anbot, dachten sich nahezu alle "Der kann uns viel erzählen!" und zeigten ihm mittels demonstrativen Stirntippens die kalte Achselhöhle. Also fühlte sich unser Geist-Erfahrer endgültig als Geisterfahrer wider Willen.
Er suchte in seiner aufkommenden Verzweiflung den Rat eines Fairy -Tales- Consulters - auf Neudeutsch Märchenberaters. Der riet ihm, was er Märchenerzählern immer zu raten geruhte und legte ihm einen Märchenerzählwettbewerb ans Herz. Natürlich musste sich der Märchenerzähler dazu ein Märchenerzähleroutfit zulegen, aber da er über sich im Boulevardbereich ums Verrecken keine falschen, aber publikumswirksamen Schauer- oder Ammenmärchen verbreiten wollte, war er der einzige, zu dessen Vortrag sich nur ein einziger Hörer bequemte. Darob verdunkelten sich seine ohnehin vom vielen Denken und Speichern gemarterten Gesichtszüge, was wiederum auch diesen letzten Unentwegten und letztlich auch den Berater vergraulte. Das traf ihn hart, aber es nutzte ja nichts. Er unternahm noch einen letzten Versuch, indem er seine Märchen ins das Internet stellte. Da bekam er eher ab als zu eine Rückmeldung, die sich allerdings in ca.80 Volumenprozent auf ein mangelhaftes äußeres Format oder Rechtschreibfehler bezog.
Andere hätten sich an seiner Stelle jetzt vielleicht als Nacktmärchenerzähler verdungen oder im Studio für märchenhaftes Geld Hunderte jener Hörheftchen produzieren lassen, die in den Buchhandlungen des heimischen Kirchspiels vor sich hin verstauben und als private Geschenke die Akzeptanz von Klohüten erfahren. Oder sie hätten klein beigegeben und wären nur noch lukrativ auf "Hänsel und Gretel" oder "Schneewittchen" herum geritten - oder meinetwegen auf den "kleinen Leuten von Swabbedoo". Da er aber neben einem durchaus hinlänglichen geregelten Auskommen auch eine erstklassige Märchenfee neben sich wusste, die stets neue Überraschungen garantierte, indem sie jeden Tag aufs Neue ganz intuitiv mindestens drei seiner bescheidenen Wünsche entweder zu verweigern oder von den Augen abzulesen pflegte, hofft er, dass dereinst doch noch jemand eins von seinen Märchen hören will. So lebt er unangetastet in seinen künstlerischen und sonstigen Freiheiten, und wenn der Hirnkasten inzwischen nicht geborsten ist, dann hofft er es noch heute.

Das Märchen von der Märchenfee, die keine Märchenfee mehr sein wollte.

Ihr werdet als aufmerksame Zuhörer vielleicht schon ahnen, dass dieses Märchen etwas mit dem letzten, dem Märchen vom Märchenerzähler, dessen Märchen keiner mehr hören wollte, zu tun hat. Und in der Tat, es handelt sich um eben diese Märchenfee, die dem Märchenerzähler, der sie immer noch wie vor einigen Jahrzehnten liebte, bereits mehr als eine Muse geworden war, deren Anerkennung ihm inzwischen die letzte Motivation bedeutete. Nun wollte es aber das Schicksal, dass die Märchenfee sich eines Nachts während eines zwar pseudo-, aber immerhin doch spirituellen Fortbildungskurses auf märchenhafte Weise selbst erfuhr, indem sie in einem Zustand, von dem sie später nicht beschwören konnte, ob er geträumt oder real war, vorübergehend in eine lichterfüllte transzendente Welt eintauchte. Den anderen Teilnehmern erschien danach ihre euphorisch entrückte Schilderung wie ein Märchen, aber Märchenfeen sind eben so - zumindestens für sich. Von nun an war sie aber für andere eine andere. Und so fing sie an, langsam aber konsequent mit dem speziellen Märchenerzählergefeee aufzuhören und sich andern Menschen und vor allem sich selbst zuzuwenden. Das zeigte sich unter anderem darin, dass sie eine Art Allesflüsterin zu werden schien, nur noch mit positiven Gedanken und guten Gefühlen zu tun haben wollte, und vor allem befürchtete, von dem ihr zwar anvertrauten, aber unerwartet flüsterresistenten Märchenerzähler ausgezehrt zu werden, in dessen Gegenwart sie sich einfach nicht mehr wohlfühlte. Es abgründete darin, dass sie anlässlich eines ebenso hingeschluderten wie hochgepriesenen Fremdmärchens, über dessen Machart und dessen Akzeptanz bei den selbsternannten Märchenexperten er sich wieder einmal rechtschaffen aufregte, dem Märchenerzähler wider Erwarten nicht mehr beistehen wollte, sondern ihm schließlich eröffnete, sie habe nicht mehr so ein Interesse mehr an ihm wie vorher und könne ihm nicht mehr geben, was er brauche. Er ginge ihr auf die Nerven, und sie hätte sich lange genug als Märchenfee ausnutzen lassen und überhaupt sei es eine schreckliche Zeit für sie gewesen und ihre Märchenfeengeduld restlos am Ende.

Wer sie schon länger kannte, den wunderte es nicht, dass sie sich selbst diesen Eigenwunsch nach einem Privatparadies sofort erfüllte, so gut es ihr nur irgend ging. Es wäre auch nicht verwunderlich gewesen, wenn diesen Zustand irgendjemand als Märchenbefeedung bezeichnet hätte. Da sah auch unser arg geschockter und ernüchterter Märchenerzähler recht schnell ein, dass es folglich es mit seinen künstlerischen und sonstigen Freiheiten, von denen ich am Schluss des letzten Märchens berichtet habe, Essig sein musste - wenn auch nicht unbedingt mit BIO, denn dieses Märchen war ihm noch nie geheuer. Er begann also, sich an den Trank zu gewöhnen, dem ja nicht umsonst heilsame Wirkungen zuerkannt werden, und der ihn rasch 12 Kilos kostete, von denen einige zugegebenermaßen als überflüssig bezeichnet werden konnten. Das fand seinen Ausdruck nur noch im Internet und unter anderem darin, dass er sich sonst niemandem außer seinem Therapeuten mitteilte. Die Märchenfee zeigte sich jedoch darob wider Erwarten befremdet. Außerdem hatte sie sich aus Äskulaps Paradiesgärtlein vom Baum der Märchenfeen-Erkenntnis eine beträchtlichen Vorrat an Supersaueräpfeln besorgt und hielt diese dem Märchenerzähler mehrmals täglich vor. Da er dazu erzogen war alles aufzuessen, was auf den Tisch kam, verweigerte er sich auch nicht. Nun erzählen sich ja die alten Leute, dass sauer lustig machen soll, aber das gilt wohl nur für diejenigen, die sich am Anblick des Angesäuerten erfreuen können. Unserer Märchenfee konnte man zwar einiges zutrauen, aber Schadenfreude? Nein- das war dann doch nicht ihr Ding. Ganz im Gegenteil, sie wollte ja nur noch frohe Gesichter um sich, und sein Frustface war demnach allemal ein triftiger Grund, den Abstand zum Märchenerzähler noch weiter anwachsen zu lassen. Da half jenem auch nicht, dass er jedesmal laut und deutlich kundtat, wenn er sich trotz inzwischen chronisch verknitterter Miene freute, was durchaus manchmal noch vorkam - sie vertraute ihm nicht mehr und glaubte lieber ihrer Wahrnehmung von seiner Körpersprache. Im Bestreben, zu retten, was zu retten wäre, -ganz im Ernst; Wer lässt schon eine Märchenfee sausen? - bemühte der Märchenerzähler sich nun seinerseits, seiner nunmehr Ex-Märchenfee jeden Wunsch von den Augen abzulesen, was sie wiederum noch mehr entgeisterte und zu der wenig märchenfeenhaften Aufforderung veranlasste, "er solle sich gefälligst endlich um sich selber kümmern". Obendrein fasste sie den Entschluss, wenigstens eine Zeitlang eine räumliche Trennung herbeizuführen, und willigte in eine mehrwöchige Umschulung für Märchenfeen ein, die fernab hinter den sieben Bergen angeboten wurde und eine Wiedereingliederung in was auch immer versprach. Der Weg dorthin führte durch die Schluchten der Bürokratie und war demnach lang und beschwerlich. Aber endlich war es dann soweit. Es war sogar soweit gekommen, dass obwohl ...nein, gerade weil er seine Märchenfee immer noch lieb hatte wie vor einigen Jahrzehnten, auch der Märchenerzähler darüber froh war, dass es endlich soweit war. Er sagte es zwar, aber man sah es ihm nicht an...

Wenn ihr denkt, jetzt sei alles gut geworden, kann ich nur sagen: "Wo denkt ihr hin?" Mitnichten ward dem so. Der Märchenfee wurden die dollsten Märchen aufgetischt von Selbstverwirklichung und irgendwelchen fabelhaften Chancen, wenn sie nur dem alten Märchenerzähler abschwören würde. Das tat sie dann auch gründlich und ward fortan nicht mehr in seiner Nähe gesehen. Dem unverändert erlebnishungrigen Märchenerzähler blieb darob nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, sich selbst mangels märchenhafter Rundumversorgung zur Möhrchenfee zu entwickeln und auf irgendeine märchenhafte Wendung zu hoffen. Und wenn ihm die Möhrchen uund Kartoffeln nicht auch noch ausgegangen sind, dann hofft er noch heute.

Das Märchen von der märchenhaften Wendung

Ihr werdet euch sicher fragen, wie die Märchen vom Märchenerzähler und seiner Märchenfee weiter gegangen sind, nach dem sie ihn allein mit seinen Möhrchen zurückgelassen hatte. Ich muss dazu ergänzen, dass er ihr eine Rückkehr jederzeit offengelassen hatte, was jedoch eher dem Anspruch an sich selbst als einer generösen Barmherzigkeit genügte. Es hieß zwar im vorher erzählten Märchen, er hoffe auf ein märchenhafte Wendung, aber das war eigentlich nur so dahin erzählt, weil das von einem zünftigen Märchen nunmal erwartet wird. In Wirklichkeit fristete die Hoffnung höchstens in seinem Unterbewusstsein ein eher klägliches Dasein - wenn überhaupt. Er konnte sich später jedenfalls derartiger Gedanken nicht so recht entsinnen. Das hätte auch garnicht seiner Art des Umgangs mit solchen Situationen entsprochen, die ihm seit dem pränatalen Bekanntwerden seiner Existenz wieder und wieder mittels einschlägiger Erfahrungen so etwas von angeeignet worden war, dass es bezeichnenderweise keiner großen Anstrengung bedurfte, dies seinem Therapeuten einzuleuchten. War es da ein Wunder, dass er seiner Natur entsprechend auch keine Lust auf eine andere Märchenfee oder sonstwelche Erscheinungen hatte? Allemal half es ihm, ganz passabel mit seiner Lage fertig zu werden. Hört also zu, was sich zutrug:

Die Monate gingen ins Land und die Möhrchen schon deshalb nicht aus, weil sich unser Märchenerzähler zu einem ganz passablen Möhrchenzähler entpuppte. Diese Hinwendung von der gelegentlichen Ätzung zur geregelten Atzung wirkte sich überaus positiv auf sein Allgemeinbefinden aus. Es sorgte vor allem dafür, dass er nicht vollends in der Haut verschwand, in der er steckte. Der ausgiebige Verzehr dieses Wurzelgemüses hatte zudem die nicht zu unterschätzende Wirkung, ihm gründlich die Augen zu öffnen und die Ohren aufzurichten. Ohne Frage sah er immer weniger einen Sinn von ihm immer klarer erkannten Selffairytaling und begann , sich immer gründlicher in der realen Welt zu orientieren. Dies wiederum war nicht ganz so einfach, wie du dir es als normal Berufstätiger vielleicht vorstellst, denn das Märchenerzählen war ihm zu so etwas wie seiner Profession geworden. Dazu kam das Problem der Strukturierung des Alltags: Eine Erbschaft hatte ihn in nämlich die Lage versetzt, bei seinen eher bescheidenen - prädiogenialen, wie er es bezeichnet hätte - Ansprüchen ohne zusätzliches zeitordnendes Einkommen im abbezahlten Eigenheim mit dem vorhandenen Geld so gut auszukommen, dass er darüberhinaus auch noch die Hälfte davon als Unterstützung an seine Ex-Märchenfee überweisen konnte, der es zweifellos vorteilhaft zu ihren Selbstverwirklichungsversuchen gereichte.

Des Möhrchenzählers Realität bestand neben regelmäßigen Besuchen beim Therapeuten im Folgenden darin, seine Überlebensfähigkeit auszuloten. Er hatte schnell begriffen, dass es dazu keiner medienwirksamen Wallfahrten in unerforschte Urwälder bedarf, die in irgendwelchen Hexenöfen enden könnten. Stattdessen entwickelte er anhand von Plastikdosen und stetiger Erweiterung der Nahrungspalette rasch einen nicht unerheblichen Stolz auf seine Fortschritte in Bezug auf Vorratshaltung und Selbstversorgung unter weitestgehender Vermeidung von Fertigprodukten.

Wer das als Einzelkämpfer schon einmal versucht hat, weiß es gebührend zu schätzen. Außerdem hatte er ein Haus und einen nicht allzu kleinen Garten zu unterhalten. Dass er solches wirklich in Angriff nahm und es durchhielt, schaffte die nötige Grundstruktur für eine gewisse Überlebensperspektive. Vor diesem Hintergrund tauchte er - wenn auch meist nur als stiller Beobachter - ab und zu in das reale Leben ein, das um ihn herum tobte, und sorgte dafür, dass aus dem frischgebackenen Eigenbrötler kein altbackener Eigenbrödler wurde. Als irreale (und im alten Umfeld durchaus provokante) Komponente blieb allerdings zu vermelden, dass er von Beginn an dem Alkohol strikt entsagte, aber daran gewöhnte man sich mit der Zeit. Im Gegenteil - er bekam das Gefühl, dass sich Nachbarn und Bekannte ihm gegenüber viel netter und aufgeschlossener zeigten als zuvor, und das verwunderte ihn dann doch in einem nicht geringen Maße. Es gab einige Ausflüge in die virtuelle Realität der Chats
und Foren, und da von einem Single im Seniorenalter gerade dort eher Märchen gefragt sind, wurden diese meist beendet, ehe sie richtig angefangen hatten. Ähnliches war über den Kontakt zu seiner Ex- Märchenfee zu berichten, der sich auf den monatlichen Kontoauszug und möglichst bürokratische Mitteilungen per Email beschränkte. Das war sicherlich nicht das Schlechteste, was dem Möhrchenzähler passieren konnte. So kam es, dass er sich nach eineinhalb Jahren mit seinem Leben im absoluten Hier und Jetzt ganz passabel arrangiert hatte. Als er sich nun eines Tages im Advent dem Silvesterfest entgegen freute, das er wie im ersten Jahr seines Überlebenstrips im Kreise eines mehrtägigen Musikseminars zu verbringen gedachte, klingelte das Telefon....

Am andern Ende meldete sich die Ex-Märchenfee. Der Möhrchenzähler wollte sie wie bei den bisherigen wenigen Anlässen gewohnt schnell abfertigen, aber ihre Stimme hatte einen gewissen Klang, der den Möhrchenzähler alsbald unwiderstehlich veranlasste, in seiner inzwischen unnachahmlichen Direktheit nachzufragen, ob sie etwa wieder zurückkehren wolle. Man kann nicht behaupten, sie sei darob nicht sprachlos gewesen, doch Abneigung war es nicht, was durch den Äther wellte und nach einem Monat ausgiebigster Tast-Telefonate und -Emails in einem ersten Zusammentreffen mündete, dessen harmonischer Ablauf ohnehin keinem zu vermitteln wäre, der nicht selbst Ähnliches erlebt hat. Sie blieben von desem Tag an wieder überwiegend sehr gern zusammen, aber wer denkt, alles wäre fortan beim alten gewesen, glaubt wirklich noch an Märchen. Märchen waren zumindest für den Erzähler selbst nahezu kein Thema mehr - ebenso wie reale Frühergeschichten und seine alten übergroßen Lieblingsklamotten, deren er sich prompt entledigte. Höchstens gelegentlich wähnte sich dabei der Möhrchenzähler im Märchen - als Fischer neben siner Fru, aber das dauerte meist nicht lange und war so ziemlich der letzte alte Hut. Deshalb will ich das nicht unnötig vertiefen. Die Verwurstung von Möhrchen blieb für ihn wenigstens ab und zu angesagt, und von nun an genoß er es, sich in seinem eigenen Zimmer in den Schlaf fernsehen zu können, ohne irgendwelche Traumfeenträume zu stören. Wenn die beiden auch für Außenstehende vermutlich wieder aufeinander hocken mögen, hacken sie wenigstens nicht mehr so aufeinander, und wenn sie nicht gerade besonders nett und fürsorglich zueinander sein wollen, dann leben sie immer noch leidlich friedlich nebeneinander miteinander.